Wann welche App, CAD-System oder Planungssoftware?

Prinzipdarstellung Fehler in der Konzeptplanung bei Bestimmung Flächenbedarf Wohnzimmer für Sofa
Da hat sich offensichtlich irgendwann ein Fehler in die Planung eingeschlichen..

Kennen Sie folgendes Dilemma aus der Praxis? Sie möchten Ihre Fabrik planen und nutzen bereits unterschiedlichste Software im Unternehmen. Darunter ist auch CAD-Software. Diese aber beherrscht eigentlich nur Ihr Kollege richtig, als „heiliger Hüter“ über das Fabriklayout. Bei jeder kleinsten Änderung müssen Sie sich mit ihm abstimmen. Das verzögert oft den Planungsprozess und Sie wünschen sich deutlich mehr Dynamik mit Workshop-Charakter für die Konzeptplanung. Ihre Anfragen für alternative Software an die IT werden nicht gehört, da immer wieder auf die bestehende CAD-Software verwiesen wird. Dieser Artikel soll deshalb zeigen, wann Planungssoftware wichtig wird und auch wo jede Software ihre Grenzen hat.

Nur wenn das Konzept was taugt, beschäftige ich mich auch mit den Details.

Hinter dieser Aussage steckt wohl eine der wichtigsten, praktischen Erkenntnisse aus jeder Produktentwicklung. Baue ich ein Auto, so wird es ganz am Anfang nur grobe Konzeptskizzen geben. Diese zeigen die grundsätzliche Außenform, die Anzahl der Türen. Etwas später gilt es vielleicht zu klären wo der Akku liegen soll, vorn, in der Mitte, hinten? Welche Auswirkung hat das grundsätzlich auf die Gewichtsverteilung und damit auf das Fahrverhalten? Wie verhindere ich den schlimmsten Fall, dass sich das Auto bei einem Unfall in einen Feuerball verwandelt? Das sind grundlegende Konzeptgedanken, die später maßgeblich das Aussehen und die Funktion eines Produktes beeinflussen.

Erst wenn diese grundlegenden Fragen geklärt sind, werde ich mich mit der Gestaltung im Detail und der Auslegung der einzelnen Komponenten im Produkt bis auf die kleinste Schraube auseinandersetzen. Denn oftmals passieren diese sehr frühen Schritte auf Papier eines Flipcharts, im gemeinsamen Brainstorming und noch gar nicht mit spezieller Software. Ich brauche in dieser Phase maximalen Freiraum für den Ideenaustausch. Ab einem bestimmten Zeitpunkt möchte ich aber digitale Daten meines Konzeptes erzeugen, die ich auch im Team leicht teilen und gemeinsam weiter ausarbeiten kann.

Bedeutung der Konzeptplanung

So passiert das auch in der Fabrikplanung. Bevor dort ein Layout überhaupt entsteht, gilt es erst mal das Produkt und die Prozesse zur Herstellung zu durchdenken. Anschließend können dann erste Layoutkonzepte auf dieser Basis erarbeitet werden.

Was ist ein Layoutkonzept?

Lesen Sie hierzu den Blogbeitrag:

Ideallayout – was bedeutet das?

Ideallayout als roter Faden für die Layoutplanung einer Fabrik

Das geschieht noch weit vor der eigentlichen Ausführungsplanung oder dem Start der Produktion (SOP). Aber was passiert wenn bspw. mein Fabrikkonzept nicht genügend Aufstellfläche vorsieht? Es wird sich spätestens der Lieferant wundern, wenn er die neue Maschine nur hochkant in die Werkhalle stellen kann. Das ist dann vergleichbar mit der fehlgeschlagenen Möbelplanung im Bild oben.

Wen interessiert dann noch ob der Bezugsstoff grau oder rot, Leder oder Leinen ist und ob wir zwei weiße Kissen und eine integrierte Bettfunktion dazu bestellt haben? Das Sofa passt nun mal einfach nicht ins Wohnzimmer.

Man überlege sich nun, dass Maschinen- oder Möbellieferant viel Zeit und Geld in die Konfiguration und Herstellung des Produktes investiert haben. Diese Detailarbeit an Produkten passiert in CAD-Systemen. Der Kunde kann aber jetzt nichts anderes tun als diese wieder zurückzugeben. Hätte er zumindest die Blockmaße seiner Maschine mit dem verfügbaren Platz in einem Layout abgeglichen, wäre das nicht passiert. Damit wird auch klar, wie wichtig und wegweisend ein schlüssiges Planungskonzept ist.

Welche Software zu welcher Zeit?

In einer frühen Phase geht es um die Visualisierung grundlegender Ideen und auch die Validierung dieser, um grobe Planungsfehler zu vermeiden. So kann ein Fabrikplaner eben noch mit stark vereinfachten Blockmodellen die geplante Anordnung in der Fabrik abbilden, um bspw. den grundlegenden Platzbedarf zu bestimmen. Er braucht aber auch den gedanklichen Sprung zur Wertschöpfungskette. Welche Abläufe gibt es in der Fabrik und wie ist das dazugehörige Layout gestaltet, um Transportaufwände und Durchlaufzeiten zu minimieren? Er wird in dieser Phase auch mehrere Varianten probieren wollen und braucht für jede grobe Variante Ergebnisse in möglichst kurzer Zeit.

Das Aufgabenspektrum ist also auch vielfältig und erfordert häufig Teamarbeit. Da zum Team in der Regel verschiedene Fachplaner, wie z. B. Architekten, Bauingenieure, TGA-Planer, Logistiker oder die Arbeitssicherheit gehören, sind Abstimmungen im Rahmen von Workshops unabdingbar. Nur so können alle Aspekte mit den teilweise unterschiedlichen Zielvorstellungen im Zusammenhang besprochen werden und am Ende die beste Variante zur Umsetzung ausgewählt werden.

Was wird also für Software in so einer Phase am besten eingesetzt?

Die Qual der Wahl: CAD-Software vs. Planungssoftware

Computer Aided Design (CAD) kann als rechnerunterstütztes Erzeugen und Ändern von geometrischen Modellen verstanden werden. Praktisch heißt das, es werden 2D-Zeichnungen oder 3D-Baugruppen konstruiert. Und so stehen einem Bediener in diesen Programmen unzählige Funktionen, wie z.B. FEM Analysen, Blechabwicklungen oder auch Freiformmodellierer, zur detaillierten Erzeugung von Computermodellen zur Verfügung. CAD-Software wird deshalb auch von speziell ausgebildeten Experten in nahezu jedem produzierendem Unternehmen genutzt. Oft werden dazu auch spezielle CAD Workstations eingesetzt.

CAD Experte arbeitet an Zeichnung für die Ausführungsplanung
einzelner CAD-Spezialist bei der Bearbeitung einer komplexen Konstruktionszeichnung

Ein Fabriklayout ist letztlich auch eine geometrische Abbildung von Ausrüstung und Gebäude. Rein technisch gesehen kann also ein CAD-System ein Layout abbilden und schaut man in die Praxis, so wird das auch getan:

Liegt es also dann nahe für das Fabriklayout CAD-Software einzusetzen?

Hier stellt sich die Frage nach der Planungsphase. Wo stehe ich aktuell, in der Konzeptphase oder bereits in der Ausführungsplanung? Wer ist denn überhaupt in der aktuellen Planungsphase beteiligt und sind die Beteiligten in der Regel ausgebildete CAD-Zeichner? Wie funktionieren die Arbeitsabläufe in der aktuellen Planungsphase? Ist Ihr CAD-Experte womöglich noch mit anderen Aufgaben der Produktentwicklung betraut und nur per Terminkalender abrufbar?

Ausgereifte Konzepte entstehen nur mit der Freiheit zur Veränderung.

Veränderung bedeutet konkret Zeit für die Anpassung von Layouts. In der Konzeptphase geht es um regen Ideenaustausch und die grundlegende Anordnung von Ausrüstung. Besteht bereits ein Gebäude, so braucht es auch zumindest den Grundriss, um die verfügbaren Flächen beplanen zu können. Der Planer möchte an dieser Stelle nicht zeichnen, sondern fertige Planungsobjekte selbst anordnen oder neue im Handumdrehen erzeugen. Nutze ich nun ein CAD-System, müsste ich den Experten beauftragen, ein entsprechendes Layout für ein nächstes Meeting vorzubereiten.

Was ist aber, wenn ich diese Zeit nicht habe, sondern live in einem Workshop mit Kollegen arbeiten möchte? Gerade in der Konzeptphase ist eine hohe Änderungshäufigkeit gefragt, Schnelligkeit ist Trumpf. Eine Software muss dann einfach bedienbar sein, um flexibel im Workshop eingesetzt werden zu können. Im Idealfall möchte ich, dass alle ihre Ideen direkt ins Layout einbringen können. Nur so entsteht Variantenvielfalt und die Chance das man die wichtigsten Lösungsmöglichkeiten im Team zumindest mal angeschaut hat.

Planungssoftware dann alternativlos?

An dieser Stelle kommt teamorientierte Planungssoftware ins Spiel, welche die Aufgaben der Layoutplanung gezielt adressiert und entsprechende Planungsobjekte direkt bereitstellt. Der Planer kann so zum Beispiel Blockmodelle ohne CAD-Kenntnisse nutzen und ist damit nicht abhängig von einer zeitraubenden Warteschleife. Ihn wird aber im ersten Schritt nicht nur das geometrische Modell interessieren, sondern auch die grobe Prozesskette zur Herstellung eines Produktes. Planungssoftware bietet an dieser Stelle Funktionen zur Prozessgestaltung, welche die Basis für das resultierende Layout sein sollte.

Auch hier ist wieder ein grundlegender Unterschied zu CAD-Software zu sehen. Letztere konzentriert sich häufig nur auf die geometrische Auslegung im Detail, wohingegen eine Planungssoftware auch die Bewegungsdaten (Materialflüsse) selbstverständlich und einfach bedienbar berücksichtigt. Im Ergebnis erhalten Sie mit einer Planungssoftware auch einen detaillierten Aufstellplan für Ihre Ausrüstung in der Fabrik. Dieser kann dann als CAD-Zeichnung auch weitergegeben werden, um als Grundlage für die Ausführungsplanung zu dienen. Denn wenn das Fabrikkonzept erst einmal abgesichert und freigegeben ist, kann sich auch der CAD-Experte mit der Detailkonstruktion beschäftigen. Oder anders ausgedrückt, wir wissen jetzt das das Sofa wirklich in unser Wohnzimmer passt! Jetzt können wir uns über die Kissen und den Bezugsstoff Gedanken machen.

Direkter Vergleich von Planungssoftware und CAD-System

PlanungssoftwareCAD-System
Anwendungsfall: Struktur- und LayoutplanungAnwendungsfall: Ausführungsplanung
• Konzeptplanung und Variantenuntersuchung• Konstruktion Bauteile, Maschinen, Gebäude
• Platzieren von Objekten im Layout• Zeichnungen zur Herstellung
• Optimierung der Transportaufwände• Ableitung von Stücklisten
• Ermittlung von Flächenkennzahlen• FEM Analysen
• Ableitung von Ausrüstungslisten• Berechnungen Statik
• Maschinenkataster• Montageanleitungen
MerkmaleMerkmale
• Layout mit Bezug zur Geometrie und dem Prozess• Layout in Bezug zur Geometrie
• Einfache und intuitive Bedienung• Maximale Funktionalität zur Konstruktion
• Nutzung Touchdisplay möglich• Details zur Umsetzung
Aufwand ModellerstellungAufwand Modellerstellung
• Wenige Stunden bzw. Tage• Tage bis Wochen
• Keine CAD Kenntnisse nötig• CAD Kenntnisse und Expertenwissen nötig
Vielzahl Akteureausgewählte Spezialisten
• Fabrikplaner• Produktentwickler
• Lean Manager• Bauingenieure
• Logistikplaner• Betriebsmittelkonstrukteure
• Industrial Engineers• Technische Zeichner
• Arbeitssicherheit
• Meister
• …
Unterschiede zwischen Planungssoftware und CAD-System im Überblick

Abschließendes Fazit aus dem Vergleich

Planungssoftware und CAD-Software sind in verschiedenen Planungsphasen der Fabrik wichtig. Der Aufwand zur Änderung wandelt sich stark mit fortschreitender Dauer eines Planungsprojektes. In frühen Phasen können mit Planungssoftware schnell und einfach noch grundlegende Stellschrauben zur Gestaltung gedreht werden. Das geht das später nur noch mit hohen Zeitaufwänden und Kosten in komplexen CAD-Zeichnungen und -modellen. Abschließend kann also auch folgende Frage beantwortet werden:

Sind CAD-Systeme in jeder Planungsphase die geeigneten Werkzeuge?

Nein, sie sind ein wichtiger Baustein in der späteren Ausführungsplanung, wo es um detaillierte Konstruktion und Detailzeichnung auf dem Weg zur Inbetriebnahme geht. Sie werden also vorrangig in späteren Planungsphasen eingesetzt. Aufgrund ihrer Funktionsvielfalt sind Expertenkenntnisse unbedingt notwendig und damit nicht im Team im Rahmen von Workshops einsetzbar. Sie sind damit auch nur bedingt für die teamorientierte Konzept- und Feinplanung einer Fabrik in frühen Planungsphasen geeignet.

Planungssoftware füllt gerade diese Lücke in frühen Planungsphasen und unterstützt den kreativen Prozess der Ideenfindung zu verschiedenen Layoutvarianten. Sie kann im Team durch jeden genutzt werden. Einfach bedienbar, flexibel nutzbar, egal ob Desktop oder auf Touchdisplays. Es steht nicht die Beherrschbarkeit der Software im Mittelpunkt, sondern Ihre Ideen.

Teamplanung am 3D Fabriklayout auf einem Touchdisplay mit der Software visTABLE®touch
Teamplanung mit der Software visTABLE®touch

Lesen Sie auch hier wie mittelständige Unternehmen wie VEGA Grieshaber erfolgreich und zukunftsorientiert ihre Produktion planen. Oder probieren Sie es selbst aus:

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Tino Riedel
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